Damit der Wirtschaftskreislauf reibungslos funktioniert, müssen sich alle Beteiligten und Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes an feste Spielregeln halten. Dazu gehört in erster Linie, dass offene Forderungen fristgerecht beglichen werden. In diesem Zusammenhang wird auch gerne von Zahlungsmoral gesprochen. Mit dem Begriff Moral werden Attitüden wie Sitte und Anstand assoziiert. Es ist nicht Zeichen von gutem Anstand, wenn Rechnungen unpünktlich, oder gar nicht bezahlt werden.

Im Umkehrschluss ist es unter integeren Geschäftsleuten guter Brauch, Rechnungen pünktlich und anstandslos zu begleichen. Eingeräumte Skonti werden in Anspruch genommen, weil sie eine normale und gängige Grundlage für das geschäftliche Miteinander sind. Wer offene Forderungen über einen längeren Zeitraum nicht begleicht, der weckt in der heutigen Zeit schnell den Verdacht, zahlungsunfähig zu sein.

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Es muss nicht gleich ein Bankrott sein, also eine absichtlich herbeigeführte Insolvenz, die der Grund für mangelnde Zahlungsmoral sein kann. Doch der vertrauensvolle Umgang miteinander leidet sehr unter unpünktlichen Zahlungen. Wenn als letzte Möglichkeit mit einem Inkasso gedroht werden muss, dann ist eine Geschäftsverbindung so arg zerrüttet, dass sie in den meisten Fällen zerbricht.

Zahlungsunfähigkeit zieht Zahlungsunfähigkeit nach sich

Ein schlechtes Zahlungsverhalten löst nicht selten einen Dominoeffekt aus. Im komplexen Zahlungskreislauf der freien Wirtschaft, ist der eine auf den anderen, jeder auf jeden angewiesen. Zahlungsverzögerungen des Schuldners lassen sich beim Gläubiger nur durch die Inanspruchnahme von Eigenkapital einerseits, oder Fremdkapital andererseits ausgleichen. Eingeplantes Geld aus fälligen Rechnungen wird dazu benutzt, um zinsbringend angelegt zu werden, oder durch einen Kontoausgleich zusätzliche Sollzinsen zu verhindern.

Wenn der Schuldner zahlungsunfähig wird, trifft das seinen Gläubiger gleichermaßen hart. Dieser hat in der Regel selbst Verbindlichkeiten, denen er nachkommen muss. Er kann aus zwei Möglichkeiten auswählen. Sofern er liquide ist, sei es aus Erspartem oder aus einer Kreditaufnahme, kann er offenen Forderungen an ihn selbst nachkommen. Der finanzielle Nachteil liegt jedoch immer bei ihm.

Anderenfalls wird auch seinerseits die Rechnungsbegleichung hinausgezögert. Das hat zur Folge, dass seine Gläubiger in eine ähnliche Zwangssituation geraten. Diese stehen kurze Zeit später vor den gleichen Problemen, weil sie einem ähnlichen Zahlungskreislauf unterworfen sind. Bei einem der Beteiligten kommt immer Zahlungsmoral mit ins Spiel. Jeder Beteiligte möchte den Verdacht einer Zahlungsunfähigkeit vermeiden. Denn, wer zahlungsunfähig ist, kann nicht mehr am Geschäftsleben teilnehmen, da die so überlebenswichtige Kapitalbeschaffung immer schwieriger wird.

Er wird sozusagen abgenabelt. Kontakte werden gekappt; und wenn überhaupt, dann werden Lieferungen und Leistungen nur gegen Vorkasse erbracht. Die Zahlungsmoral kann daher als sehr sensibel und als ein schmaler Grat betrachtet werden. Wer sie nicht beachtet, der hat in vielen Fällen schon den Weg in den Bankrott eingeschlagen. Ein Forderungseinzug über das Inkassounternehmen ist für den Gläubiger dann die logische und oft bittere Konsequenz.

Inkasso kostet Geld und geht zu Lasten der Bonität

Für einen seriösen Geschäftsmann mit einer entsprechenden Perspektive ist ein professionelles Inkasso, durch seinen Gläubiger undenkbar. Die damit verbundenen Kosten, die der Schuldner per Gesetz zu zahlen hat, sind unverhältnismäßig hoch. Der Verlust an Reputation und Bonität macht die Situation noch deutlich schlimmer. Gleichwohl, Inkasso versteht sich in der heutigen Zeit mehr im Sinne von Forderungsmanagement, bei dem unter anderem auch nach sozial verträglichen Lösungen gesucht wird.

Einträge in den Datenbanken von Wirtschaftsauskunfteien, wie beispielsweise der Schufa, wirken sich auf den sogenannten Score aus. Der wird sowohl bei Bürgern als auch bei Unternehmen zugrunde gelegt, wenn im Hinblick auf vertragliche Verbindlichkeiten die Bonität geprüft wird. Mit Negativ-Einträgen in den Datenbanken von Wirtschaftsauskunfteien ist das Unternehmen, wie es gelegentlich formuliert wird, verbrannt. Diese Situation lässt sich in den meisten Fällen nur durch einen Personalwechsel in der Unternehmensführung lösen.

Sie ist dann die Voraussetzung dafür, dass Reputation und Vertrauen neu erarbeitet werden können. Das bedeutet, den Weg frei machen für ein zukünftig vorbildliches Zahlungsverhalten. Dazu muss sich das Unternehmen auf seine Schuldner verlassen können, oder aber eine großzügige Absprache mit der Hausbank in Bezug auf die Liquidität treffen. Letzteres wird dringend notwendig sein, weil sich das Zahlungsverhalten der Geschäftspartner nicht wesentlich ändert und im Übrigen auch nicht direkt beeinflusst werden kann.

Das Zahlungsverhalten in der freien Wirtschaft kann als ein permanenter Drahtseilakt betrachtet werden. Vieles ist beeinflussbar, aber nicht alles lässt sich steuern.