Innerhalb der Kunstgeschichte sollten viele sehr unterschiedliche künstlerische Ansätze die gegenständliche Malerei in den Bereich des Abstrakten überführen. Dabei entstanden zeitgleich und unabhängig voneinander mehrere unterschiedliche Entwicklungen, die ihre Ausgangspunkte in den unterschiedlichsten künstlerischen Interessen und Verfahrensweisen fanden. Eine wegweisende Position im Zuge dieser Entwicklung stellt das Werk des 1866 in Moskau geborenen Künstlers Wassily Kandinsky dar. Und bis heute sind seine abstrakten Arbeiten die bekanntesten und beliebtesten Kandinsky Bilder.

Auseinandersetzung mit der Idee der abstrakten Malerei
Kandinsky konnte schon auf eine längere Künstlerlaufbahn und mehrere Schaffensperioden in den Stilrichtungen des Jugendstils, des Fauvismus und des Expressionismus zurückblicken, als er 1910 im Alter von bereits 44 Jahren sein legendäres „Erstes Abstraktes Aquarell“ der Öffentlichkeit präsentierte. Von nun an sollte er sich ausschließlich mit der intensiven Auseinandersetzung mit der Idee der abstrakten Malerei beschäftigen.

Synästhetisches Prinzip als Ausgangspunkt
Den zentralen Ausgangspunkt seiner Experimente stellte das so genannte synästhetische Prinzip dar, eine Art allübergreifendes System von Wahrnehmungen, welches die einzelnen Farben in Zusammenhang mit unterschiedlichen Sinneseindrücken bringt. Des Weiteren sah Kandinsky in dem Bereich der Musik eine Parallele zur Malerei und weitete den Begriff der musikalischen Komposition von Tönen zu bestimmten Harmonien und Symphonien auf den Bereich der bildenden Kunst und dabei speziell auf das Feld der Malerei aus.

Die so stattfindende Orientierung am Musikalischen führte zur Erfindung eines eigenständigen Formen-Vokabulars, das er in seinen beeindruckenden Gemälden zu komplexen Bildkompositionen zusammenfügte. Neben Oskar Schlemmer und Alfred Arnst war Wassily Kandinsky als Lehrer des Bauhauses in Weimar, Berlin und Dessau beschäftigt. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem damals dort sehr einflussreichen russischen Konstruktivismus zeugten auch seine eigenen Werke mehr und mehr von geometrisch angelegten Bildstrukturen.

Kandinskys Übersiedlung nach Frankreich
Im Jahre 1926 publizierte Kandinsky seine bedeutende kunsttheoretische Abhandlung mit dem Titel „Punkt und Linie zu Fläche“, die bis heute eines der meistgelesenen Theorieschriften im Bereich der bildenden Kunst darstellt. Als das Bauhaus 1933 von den Nazis geschlossen wurde, sah sich Kandinsky gezwungen, Deutschland zu verlassen, und siedelte mit seiner Frau nach Frankreich über. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden zahlreiche Kandinsky Werke aus Museen in Deutschland entfernt und als sogenannte entartete Kunst diffamiert.

Kandinsky starb im Jahre 1944. Einige seiner Werke wurden postum mehrere Jahre in Folge auf der Documenta und in vielen bedeutenden, internationalen Kulturinstitutionen ausgestellt.